Hallo liebe Open-Air Gemeinde, FreundInnen und WeggefährtInnen,
hier melden wir uns zu Wort, zu dem Zeitpunkt an dem normalerweise unser Festival in vollem Gange wäre.
Leider wird es, wie ihr wisst, dieses Jahr kein Open Air Hamm geben.
Die afrikanische Schweinepest (ASP) zieht in Rheinhessen ihre Kreise. Weder wir noch unsere verwaltenden Behörden können irgendetwas dagegen unternehmen.
Vor einer Woche hatten wir nach Rücksprache mit den Verantwortlichen noch ziemliche Sicherheit, dass alles wie geplant stattfinden kann.
Doch der Fund von infizierten Kadavern in den hiesigen Gemeinden führte zu einer Verschärfung des Seuchenschutzes. Das kann man finden wie man will, aber dazu gibt’s Vorschriften und Gesetze. Und wir als Veranstalter müssen uns daran halten, weil wir dafür haften.
Bitte seht von wutentbrannten Anrufen, Posts oder Mails an die Behörden oder an uns ab.
Das sind nicht die Adressaten, die euer Unmut treffen sollte.
Innerhalb dieser letzten Stunden versuchten wir alles Erdenkliche, um unser Festival doch noch stattfinden zu lassen.
Suchten nach geeigneten Ausweichplätzen im Umland und waren vor die Herausforderung gestellt, Inventar, Infrastruktur, Personal sowie Künstler und Technik innerhalb eines sehr winzigen Zeitfensters zu vereinen.
Dies allein schien schon extrem schwierig, wurde aber durch die an anderen Orten nicht vorhandenen Genehmigungen völlig unmöglich gemacht.
Die nächste Idee war das Verschieben unserer Veranstaltung, aber das lag noch mehr im Bereich der Fantasie.
Wir sind ein ehrenamtlicher Verein mit ca. 100 Mitgliedern, wovon am Open Air selbst etwa 40 Menschen für ca. 10 Tage rund um die Uhr auf und um den Platz herum am arbeiten sind. Das Zusammenlegen von knapp 400 Urlaubstagen der gesamten Beteiligten und der Hauptverantwortlichen gleicht sowieso in jedem Jahr einem Wunder.
Viele von uns fahren mit ihrer Familie einmal im Jahr weg. Der Rest des Jahresurlaubs geht für die Vereinstreffen, die Planung und die Arbeit am eigentlichen Festival drauf.
Wenn wir das Festival verschoben hätten, wäre es für mehr als die Hälfte der Leute beruflich unmöglich gewesen zu helfen. Und da wir in den letzten Jahren leider immer weniger aktive Mitglieder haben, die das ganze Jahr über planen und am Festival selbst Verantwortung übernehmen können, brechen wir ohnehin in der Woche danach Arm in Arm zusammen. Wir können als Verein den Familien, Gleichgesinnten und FreundInnen gegenüber nicht verantworten, diese Arbeitskraft noch mehr zu reduzieren.
Nachdem die Optionen von Verlegung und Verschiebung über mehrere Stunden in vielen Telefonaten erwogen und diskutiert wurden, hat sich der Vorstand nach Ankündigung des Durchführungsverbots durch die VG dazu entschlossen, unser heißgeliebtes Festival abzusagen.
Um uns unüberschaubare Kosten, den Gästen und Künstlern die Anreise, den Ständlern und Dienstleistern die Einkäufe zu ersparen und um die Verluste für alle so gering wie möglich zu halten.
Bei vielen hat das funktioniert. Bei einigen, die Lebensmittel für mehrere tausend Euro eingekauft haben, um uns mit leckerem Essen zu versorgen, leider nicht.
Die VG und alle anderen Ämter haben uns zu jedem Zeitpunkt sehr unterstützt und ebenfalls alles versucht, unser Fest wie gewohnt stattfinden zu lassen. Der Unwillen, das Festival abzusagen zu müssen, war von deren Seite fast genauso groß wie von unserer.
Diese Entscheidung war eine der schwersten, die wir je treffen mussten. Wir sind fix und fertig. Nachdem wir durch COVID drei Jahre auf unserem stolzen Alter von 49 Lenzen hängen geblieben sind, müssen wir jetzt noch weiter in dem etwas gereiften, aber für uns zu jungen Alter von 51 Jahren verweilen.
Dabei fühlen wir uns alle momentan wesentlich älter als wir eigentlich sind. Vielleicht nicht ganz so alt wie wir gerade aussehen.
Diseses Festival ist für uns mehr als ein Verein. Es ist Dreh und Angelpunkt unseres ganzen Jahres geworden. Wir haben jung und alt in erster, zweiter und langsam auch in dritter Generation. Immer wieder tauchen neue und alte Gesichter auf, manche gehen leider auch für immer.
Ich persönlich kann nur jedem raten, mal ein paar Jahre mit anfangs fremden Menschen ein Festival zu veranstalten. Man lernt viel Neues, über sich selbst und seine Mitmenschen, und geht mit wesentlich mehr Skills und Freunden daraus hervor.
Wir wissen noch nicht, welche Kostenlast auf uns zukommt.
Die einzigen Einnahmen die wir hatten waren die verkauften Tickets aus dem Vorverkauf. Womit wir euch auch allen mitteilen, dass die vorverkauften Tickets ihre Gültigkeit für das nächste Jahr behalten werden.
Wir werden alle Möglichkeiten ausschöpfen, den Verein am Leben zu erhalten, aber da die Maschine unseres Festivals schon im fortgeschrittenen Aufbau begriffen war, haben wir Kosten, die sich im höheren fünfstelligen Bereich bewegen.
Rücklagen sind vorhanden, aber nicht ausreichend, um unser Festival in seiner heutigen Version komplett zu finanzieren.
Wir werden zu vielen Stellen gehen und um viel Hilfe bitten müssen.
So auch zu euch.
Ein Spendenaufruf existiert, wer will und – sehr wichtig – auch kann, darf sehr gerne spenden.
Wir waren uns zu Beginn sehr unsicher, ob wir diese Bitte wirklich an unsere Gäste und FreundInnen richten möchten. Aber nach dem unglaublichen Gefühl der Anteilnahme und den ständigen Fragen, ob und wie man dem Open Air Hamm helfen kann, haben wir unsere Bedenken ad acta gelegt.
Wir möchten euch danken, für euren Spirit, eure Liebe, Loyalität und die oft sehr lieben Worte, die uns zu diesem Zeitpunkt erreichen und freuen uns darauf, euch hoffentlich wieder wie gewohnt auf den 12 Aposteln begrüßen zu dürfen.
Bis nächstes Jahr!!
Martin Deubel